Werner Fritsch

Der 1960 in Waldsassen in der Oberpfalz geborene Gegenwartsschriftsteller arbeitet seit frühester Jugend über Genregrenzen hinweg an einem rhizomartigen Gesamtkunstwerk. Grundfigur und Auslöser dieses mittlerweile groß angewachsenen Werks ist Wenzel, der sein ganzes Leben als Knecht in der Hendelmühl, gearbeitet hat. Die Hendelmühl ist der Aussiedlerhof an der deutsch-tschechischen Grenze, in dem Werner Fritsch aufgewachsen ist und wo er neben Berlin noch heute seinen zweiten Wohnsitz hat.
In seinem 1987 bei Suhrkamp erschienenen fulminanten Debütroman Cherubim lässt Fritsch den Knecht aus seinem Leben erzählen. Damit erzählt Fritsch aus der Sicht eines ungebildeten Helden, eines sozial an unterster Stufe stehenden Outsiders Lokalgeschichte, die durch die Verknüpfung mit dem von Wenzel erlebten Dritten Reich aber sofort eine Dimension annimmt, die weit über das bloß Lokale hinausweist.  

Mit diesem ersten Buch sind schon einige Konstanten des Fritschschen Werks festgelegt. Das Interesse an einem biographischen Hintergrund, die Kunst der Verfremdung durch Sprache, der Spagat zwischen lokalem Setting und Weltpolitik, die Rhythmik des Erzählens, die Reibung an der deutschen Geschichte und an deutschen Mythen. Typisch für ihn ist das Arbeiten in verschiedenen Medien, in Prosa, Lyrik, Film, Hörspiel und Theater.  

Neben Wenzel gibt es auch noch andere Schlüsselgestalten für das Werk Werner Fritschs, etwa die deutsche Velvet Underground Sängerin Nico oder die Ehefrau Görings, Emmy Göring. Ein seit langem von ihm behandelter „Deutscher Mythos“ ist der Fauststoff. Zugleich nimmt die Auseinandersetzung mit seiner Heimat einen wichtigen Teil in seinem Werk ein. So verarbeitete er den Wondreber Totentanz (1998) nach Motiven von Abraham a Santa Clara. Auch in seiner Filmarbeit taucht immer wieder seine Herkunftsprovinz auf. Früh schon entstanden die Filme »Das sind die Gewitter in der Natur« (1988) und »Disteln für die Droste« (1997), später folgte »Ich wie ein Vogel« (2008), doch ist »Faust Sonnengesang« (2011-2012), sein filmisches und dichterisches Hauptwerk. In seinen viel beachteten „Frankfurter Poetik-Vorlesungen 2009“, in der edition Suhrkamp unter Die Alchemie der Utopie erschienen, skizziert er sein alle Gattungsgrenzen überschreitendes Werk.

Erstmals wird die Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung durch den Lions-Club/München dotiert.