Judith Zander

Obwohl das poetische Werk der 1980 in Anklam geborenen, heute in Berlin lebenden, Judith Zander erst aus zwei Gedichtbänden – »oder tau« (2011) und »manual numerale« (2014) – besteht, ist bereits erkennbar, dass Judith Zander eine der aufregendsten Lyrikerinnen unserer Zeit ist. Ihre Gedichte umkreisen die klassischen Themen der Lyrik: Herkunfts- und Landschaftsgedichte finden sich in ihrem Werk ebenso wie Liebes- und Dinggedichte. Ihr zweiter Gedichtband »manual numerale« ist aufgebaut wie ein Diarium. Das Datum legt die Anzahl der Gedichtzeilen fest und zeigt, – gleichsam en passant – wie strenge Formvorgaben zu einem poetischen Spiel werden können. Ihre Lyrik sprüht vor Wortlust, sie ist angereichert mit Neologismen, Einsprengsel aus dem Englischen, dem Plattdeutschen und aus der populären Kultur. Judith Zander ist eine Meisterin des Nichteindeutigen, sie spielt mit Lauten, Bedeutungs- und Sprachebenen und zeigt sich dabei als fundierte Kennerin der deutschen und angloamerikanischen Dichtungsgeschichte und ihrer häufig schon vergessenen Formen. Vielleicht am schönsten: Immer wieder blitzt in ihren Gedichten ein verschmitzter Humor auf.
Der mit 10.000 Euro dotierte Anke Bennholdt-Thomsen-Lyrikpreis für deutschsprachige Lyrikerinnen wird zum vierten Mal verliehen. Die Laudatio hält Thomas Geiger.